Eine Geschichte von Georg zu Bild Nr. 31255 und 31222
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DIE BEGEGNUNG

©2001 by Georg Mercator

 


Kris nahm eine Bewegung wahr, so richtete er sein Fernglas auf diesen Punkt. Was war das? Eine menschliche Gestalt hockte am Boden. Er wählte eine höhere Vergrößerung. Noch während das Bild herangezoomt wurde, stockte ihm der Atem. Und als schließlich die höchstmögliche Vergrößerung erreicht war, entrang sich sein Atem mit einem Ächzen aus seiner Brust. Was er sah, war nahezu unglaublich.

Kris aktivierte die automatische Aufzeichnung wie auch die Bildübertragung. Für diese Szene brauchte er Zeugen, um zu wissen, daß nicht er den Verstand verloren hatte.

"Ich habe sie gefunden." krächzte seine belegte Stimme in das Mikrofon. Es kam keine Antwort von der Station. Man hatte dort auch so verstanden.

Rachel, und sie war es unverkennbar, kniete, auf ihre ausgestreckten Arme gestützt am Boden, die Beine weit gespreizt. Seit dem letzten Sichtkontakt hatte die Metamorphose offensichtlich weitere Fortschritte gemacht. Erstaunt nahm Kris zunächst wahr, daß sie noch immer die Handschuhe und ihre Stiefel trug - die letzten Relikte ihres irdischen Lebens. Ansonsten war sie nackt.

Die Veränderungen ihres schlanken Körpers waren erschreckend und faszinierend zugleich. Nun verstand Kris, was sie bei ihrem letzten Funkkontakt gemeint hatte.

Ihr Hinterkopf war von einer Chitinschale bedeckt, von der mehrere Taster und Greifer nach vorn herunterhingen. Die Augen Rachels waren nun riesige schwarze Ovale geworden, schillernd wie die Augen eines Insekts. Das ganze Rückgrat hinunter zog sich ein Band von schwarzen Chitin-Stacheln, das in der Höhe ihres Afters in einem langen, steil in die Höhe gereckten Stachel endete.

Doch das alles war es nicht, was Kris den kalten Schweiß auf die Stirn trieb, nein, es war Rachels Tätigkeit. Sie war sehr angestrengt, ihr schweißbedeckter Körper zog sich immer wieder krampfhaft zusammen. - Und bei jedem dieser Krämpfe presste sich aus einer Öffnung unterhalb des aufragenden Stachels eine schwarzglänzende Kugel. Es lagen schon einige Kugeln zwischen ihren Beinen, dieser Gebärvorgang - Kris schoß dieses Wort sofort durch den Kopf - mußte also schon seit einiger Zeit im Gange sein.

Sich vom Anblick der ausgestoßenen Kugeln losreißend, richtete Kris das Ferngls wieder auf Rachels Gesicht. Die Krämpfe schienen keinesfalls schmerzhaft zu sein, im Gegenteil, ihr Gesicht war gezeichnet von höchstem Genuß und großer Lust. Was in ihr wohl vorging?


***

Die Eiablage war vorüber; zitternd vor Erschöpfung kam Rachel wieder zu sich. Sie war ausgehungert und am Ende ihrer Kräfte. Sie wußte, warum sie nun nicht mehr in ihren Anzug eingeschlossen worden war. So mußte sie ob sie wollte oder nicht zum Bau zurückkehren, dort ihre Nahrung holen, aber sich auch wieder begatten lassen.

... und der Kokon?

Wie lange sie in dem elastisch-engen Gefängnis eingeschlossen gewesen war, konnte sie nicht ermessen. Ihre einzige Erinnerung an diesen Zustand war die endlose Lust, die ihr bereitet worden war, gesteigert durch das Gefühl des gummiartigen Materials, das sie umschloss - und ihre Hilflosigkeit ...

Dass etwas mit ihrem Körper geschehen war, hatte Rachel erst realisiert, als sich der Kokon plötzlich geöffnet und sie in die trügerische Freiheit des Nestes entlassen hatte. Langsam war sie in der schweren Flüssigkeit zu Boden geschwebt, hatte dann entkräftet und mit schmerzenden Muskeln am Boden gelegen.

Nur langsam war ihr bewusst geworden, dass sich etwas an ihr verändert hatte. Sie hatte die Auswüchse an ihrem Rückgrat gespürt, ehe sie diese mit den Händen erfühlte. Und als sie nach hinten hatte greifen wollen, spielten ihr plötzlich die Taster ins Gesichtsfeld, die ihr nun aus dem Kopf wuchsen. Mit Erschauern hatte sie die folgende Zeit gelernt, ihre neuen Organe zu gebrauchen. Mit den Händen in ihr Gesicht fassend hatte Rachel lernen müssen, dass nicht nur der gesamte Hinterkopf wie ein Helm von Chitin umgeben war, sondern auch ihre Augen eine Metamorphose durchgemacht hatten. Weit wölbten sich die mandelförmigen Facettenenaugen vor. Nun war ihr auch verständlich, weshalb die von der sie umgebenden Flüssigkeit hervorgerufenen Verzerrungen, die sie bei ihrem Eindringen irritiert hatten, verschwunden waren. Diese neuen Augen waren eben daran angepasst. Der lange Stachel an ihrem Po hatte sie zunächst ratlos gelassen, seinen Zweck hatte sie nicht geahnt.

Da war dann wieder dieser Käfer gewesen. Als hätte sie nie etwas anderes getan, liess Rachel ihre Kopftaster spielen, die der Käfer mit seinen Tastern berührte. Erregungswellen waren die Folge, Gedanken an völlige Hingabe, Auslieferung. Sie hatte sich bereitwilig hingekniet, die Beine nach hinten weit gespreizt, was den Postachel hoch aufrichtete, abgestützt auf ihre Unterarme.

Der Käfer hatte sogleich reagiert. Das Eindringen war von einer völlig neuen Qualität gewesen, nicht zu vergleichen mit der plumpen Vergewaltigung am Baum. Seine Taster berührten zärtlich Rachels menschliche Haut, spielten mit den Rückgratfortsätzen. Ihre Lust stieg wieder. Kein menschlicher Mann hatte sie je so befriedigt - außer - der Gedanke an Kris war schlagartig in ihr Bewußtsein gedrungen. Sie wollte seinen Namen schreien - doch nur lautlos öffnete sich ihr Mund in der sie umgebenden Flüssigkeit, die keinen Laut zuliess. Ihren insektoiden Liebhaber schien dies nicht zu stören. Er hatte sein Liebesspiel fortgesetzt, bis Rachel erschöpft vor Lust nach vorn gesunken war.

Er ließ von ihr ab und ohne weiteren Aufenthalt verliess er das Nest durch die Membran. Ihm nachsehend nahm Rachel wahr, wie er draussen ein Paar grosser Flügel entfaltete und davonflog. Eine steigende Unruhe hatte Rachel dann ergriffen. Sie wollte das Nest velassen und stiess gegen die Membran. Diese gab dem Druck nach, Rachel war ausserhalb des Nestes. Sie sah nun die Hoffnung, sich doch noch - trotz ihrer Veränderungen - zur Station durchzuschlagen. Doch hatte sie ihren Weg nur wenige Kilometer weit verfolgen können, als das Rumoren in ihrem Leib nahezu unerträglich wurde.

Als hätte sie nie etwas anderes getan, hockte sie sich breitbeinig auf den Boden. Der Druck nahm zu, aber löste nun eine Welle wohliger Schauer aus. Am Höhepunkt trat eine herrliche Entspannung ein.

Erst nach dem dritten dieser Schauer sah sie die Eier. Und so legte sie eines nach dem anderen, für ihre Kooperation durch diese Erregung belohnt, die sie spüren durfte.

Unter diesen Gedanken gelangte Rachel wieder zum Nest. Der Hunger brannte in ihrem Inneren. Nur der Nektar würde sie nähren, das wusste sie. Also hatte sie keine Wahl, ergab sich seufzend der sich willig öffnenden Membran.

Die Pflanze nahm Rachel wieder in sich auf. Aufseufzend liess sie das Eindringen der Tentakel geschehen. Und dann kam das Unglaubliche: ihre Insektenmerkmale bildeten sich wieder zurück. Kurz bevor Rachel wieder in die Bewusstseinslosigkeit der Verwandlung eintauchte, wusste sie, dass sie im Kokon wieder nur Mensch war.


Die Tage gingen nun in diesem Rhythmus dahin. Die Nächste verbrachte Rachel im Kokon, die Tage eierlegend in den Grassteppen. Allerdings - der Käfer kam nicht wieder. Anscheinend reichte eine Begattung aus. Immer, wenn sie den Kokon verliess, war ihr Körper stärker von insektoiden Merkmalen geprägt. Sie ahnte, dass es irgendwann kein Zurück mehr geben würde, die Metamorphose abgeschlossen sein würde. Sie dachte oft an die Flügel des Käfers - wann es bei ihr wohl soweit war?


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